Eine ganz andere Materiallage Zum Projekt Bildatlas DDR

Der Verein Stiftung Ost-West-Begegnungsstätte Schloss Biesdorf und die Volkshochschule Marzahn-Hellersdorf setzten ihre Veranstaltungsreihe zum Wiederaufbau des Schlosses Biesdorf am 16. Dezember 2013 mit dem Vortrag „Das Projekt ‚Bildatlas: Kunst in der DDR‘ und die Diskussion zur Kunst in der DDR“ fort.
Im Stadtteilzentrum Biesdorf, Alt-Biesdorf 15, konnte die Kulturwissenschaftlerin Brigitta Möller zahlreiche interessierte Bürgerinnen und Bürger begrüßen, die anschließend auch sehr intensiv diskutierten.
Der Bildatlas „Kunst in der DDR“ ist in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Verbundprojekt in den Jahren 2009 bis 2012 entstanden. Vier Partner, die Technische Universität und die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, das Zentrum für Zeitgeschichtliche Forschung in Potsdam und das Kunstarchiv Beeskow haben bis zum Projektende mehr als 20.000 Gemälde aus 162 Sammlungen erfasst. Das Resultat ist unter www.bildatlas-ddr-kunst.de zu besichtigen.

Frau Möller war während der gesamten Projektzeit für das Kunstarchiv Beeskow dabei, die Kunstwerke für den Atlas aufzufinden, zu ordnen und die erforderlichen Daten zusammenzutragen. So konnte sie Zusammenhänge und Details unterhaltsam skizzieren. Ein prägender Eindruck war für sie, dass das Projekt von westdeutscher Seite eher als Alibi angelegt und von einer Fortführung des Projektes bisher ausdrücklich nie die Rede war, obwohl das Sammeln und Sichten noch nicht abgeschlossen sei. Manche Besuche in Depots, die unter staatlicher Aufsicht stehen, mussten mit List arrangiert werden. Dennoch ist die Materiallage nun eine ganz andere. Sie zitierte den Kunstwissenschaftler Paul Kaiser, der sich vor allem von der Qualität der außermusealen Sammlungen beeindruckt zeigte, insbesondere der damaligen volkseigenen Betriebe. Kaiser sieht in dem Maler Joachim Völkner eine Entdeckung. Völkner, der 1986 starb, hatte in der DDR nur eine einzige Personalausstellung in der Berliner Galerie „Weißer Elefant“. Ein Teil seines Werkes ist unter http://www.magnetberg.de/Voelkner/Katalog-1986.pdf zu besichtigen.

Das Projekt „Bildatlas“, so Frau Möller, sei nicht unumstritten gewesen. Matthias Flügge, langjähriger Kunstkritiker in der DDR und jetzt Rektor der Kunsthochschule Dresden, findet es „sinnlos aufgeblasen“. Wenn, dann müsse an die Kunst im Westen dieselben Fragen gestellt werden. Das Argument, in den Museen sei keine DDR-Kunst zu sehen, hält der Kunsthistoriker darüber hinaus für „blanken Blödsinn“. An diesem Thema entspann sich dann die Diskussion am Vortragsabend; sie lief weiter zu den Bedingungen der Kunstproduktion in der DDR und nahm sichschließlich des Themas des noch weitgehend unerschlossenen druckgrafischen Werkes an. Hier müsste ein hundertausendfaches Gesamtwerk aufbereitet werden. Kenner unterstrichen, dass die DDR-Kunst möglicherweise ein bedeutenderes druckgrafisches Werk als die Malerei hinterlassen habe.

Dr. Heinrich Niemann bedankte sich abschließend bei Frau Möller für ihren fundierten Vortrag.
Schon am Montag, 13. Januar 2014, 18.30 Uhr, zum Thema „Das Ensemble Schloss und Park Biesdorf – ein kulturelles Zentrum im Osten Berlins – Geschichten seiner Nutzung“ und dann im Februar stehen weitere Vorträge im Stadtteilzentrum Alt-Biesdorf 15 an.

Die Stiftung OST-WEST-BEGEGNUNGSSTÄTTE Schloss Biesdorf e.V wird sich in der nun beginnenden Bauphase weiter für das Projekt Wiederaufbau Schloss Biesdorf engagieren. Denn ab 2016 sollen in der neuen Galerie in Biesdorf viele Künstler aus der DDR entdeckt oder wieder entdeckt werden.

vom: 08.01.2014